Anmerkungen zu:

Heinz Sauer: Burg und Schloss Brake - 1000 Jahre Baugeschichte (Lemgo, 2002)

Schloss Brake 1819 (Ausschnitt)

Hier finden Sie weitere Fotografien zum Schloss Brake

Brake 1173?
Gefäßscherbe des 9.-10. Jahrhunderts?
Der untere Hof
Die Laube - das Lusthaus?
Der Standort des Audienzhauses
Die Gänsebrust - wie eine Gans im Wasser?
Varender Hauv - die Fahrenbreite?
Kleinere Korrekturen
Noch eine Anmerkung

Heinz Sauer hat mit seiner Monographie über die Baugeschichte des Schlosses ein mit 586 Seiten umfangreiches Werk veröffentlicht, das in seiner Art für Lippe einzigartig ist. Es gibt in Lippe eine ganze Reihe von Schlössern und Burgen, doch ist Brake zweifellos das bedeutendste des Landes, so dass eine Einzeldarstellung in diesem Umfang eine Lücke schließt.

Die ursprünglich als Dissertation angelegte Arbeit gibt auf Basis umfangreicher Recherchen viele bislang nicht ausgewertete Quellen des Staatsarchivs Detmold wieder. Darüber hinaus konnten während der Restaurierungsarbeiten in den 1980er Jahren wichtige Baubefunde gesichert werden, die Rückschlüsse auf die Baugeschichte des Schlosses zulassen.

Doch hat der Autor sich nicht nur des Schlossbaues angenommen, er betrachtet auch das zugehörige Umfeld und beleuchtet die Geschichte der Meierei, des Lustgartens, der Mühlen sowie aller herrschaftlichen Bauten der unmittelbaren Umgebung. Dabei konnten einige Bauwerke zeitlich neu eingeordnet werden und ihrer Bedeutung für die Geschichte des Schlossbezirks in mancher Hinsicht korrigiert werden. Die Veröffentlichung bietet damit eine solide Basis für weitere Forschungen und stellt für jeden, der an der Geschichte des Schlosses interessiert ist, ein unverzichtbares Standardwerk dar.

Dennoch möchte ich Anmerkungen und Korrekturen zu einigen der geäußerten Thesen anbringen:

Brake 1173?
Auf den Seiten 40-41 äußert sich Herr Sauer über die Urkunde von 1173, in der der Edle Werno von Brach die Befestigung Brake ("brahc munitionem cum omminbus pertinentiis suis" = die Befestigung Brake mit all ihren Zubehörungen) dem Kloster Gehrden übereignet. Wurde lange Zeit - besonders von lippischen Forschern - vermutet, mit der "munitio Brach" sei die Burg Brake bei Lemgo gemeint, so hat bereits 1937 Wilhelm Thöne (Westfälische Zeitschrift, Bd. 93, 1937, S. 48 f.) gezeigt, dass die Schenkung nur auf Brake bei Bielefeld bezogen werden kann. Auch Herbert Stöwer hat in einem Aufsatz (Lippische Mitteilungen, Bd. 66, 1997, S. 27 ff.) sich deutlich für Brake bei Bielefeld ausgesprochen und bringt dafür überzeugende Belege. Wer sich heute noch für Brake bei Lemgo ausspricht oder, wie Herr Sauer, den Eindruck vermittelt, die Beantwortung der Frage sei noch völlig offen, läuft leicht Gefahr, sich lokalpatriotischer Tendenzen verdächtig zu machen. Nach dem aktuellen Stand der Forschung ist die Urkunde von 1173 auf Brake bei Bielefeld zu beziehen und darf, solange es keine weiteren Belege gibt, nicht für Brake bei Lemgo in Anspruch genommen werden. Damit stammt die älteste belegte Nennung der Burg Brake (castro brac) aus dem Jahr 1306.

Gefäßscherbe des 9.-10. Jahrhunderts?
Auf der Seite 44 erläutert der Autor den Befund eines "Holz-Erde-Bauwerks" in der Ostecke des Nordflügels, der bei den Ausgrabungen durch Friedrich Hohenschwert dokumentiert wurde. Herr Sauer schreibt hierzu: "Auf der künstlichen Aufhügelung wurden Pfostenlöcher eines Holzbauwerks nachgewiesen, die Datierung ist durch den Fund der Scherbe eines Gefäßes des 9.-10. Jh. gesichert." Damit scheint belegt zu sein, dass der Vorläuferbau der Burg Brake aus einem Turmhügel mit einem Holzgebäude aus dem 9.-10. Jahrhundert bestand. Die Datierung der Befunde stammt ursprünglich von Friedrich Hohenschwert, der auch die Ausgrabungen leitete - allerdings wurde in keiner seiner Veröffentlichungen der Scherbenfund erwähnt. Auch alle folgenden Berichte beschreiben zwar die Reste des Turmhügels, datierbares Scherbenmaterial taucht jedoch auch hier nirgends auf. In einem Grabungsprotokoll vom 17. März 1983, verfasst von Michael Mund, heißt es: "In der Aufhügelung über dem humosen Horizont der alten Oberfläche sind trotz genauester Beobachtung nur ganz vereinzelt Scherben einer blaugrauen Ware des 12./13. Jahrhunderts gefunden worden." Woher kommt also jetzt, fast 20 Jahre später, eine Scherbe aus dem 9.-10. Jahrhundert? Da die Grabungsberichte bislang nicht veröffentlicht worden sind, kann auf diese Frage wohl keine befriedigende Antwort gegeben werden. Einstweilen wage ich jedenfalls, die Datierung, vielleicht sogar die Scherbe überhaupt, anzuzweifeln. Sollte ein eindeutiger Beleg angeführt werden können, werde ich natürlich umgehend das Gegenteil behaupten.

Interessanterweise nimmt Herr Sauer auf der Seite 60 noch einmal Bezug auf dieses früheste Gebäude, ohne jedoch den wohl wichtigsten Fund - besagte Scherbe - zu erwähnen: "In der ehemals nicht unterkellerten NO-Ecke des Nordbaues (WRM 7) waren die datierenden Funde zu einem Holz-Erde-Bau und einige Pfostengruben eines Holzbaus bei den Grabungen zu Tage getreten. Diese Funde wurden von Hohenschwert eindeutig in das 9.-10. Jh. datiert. Er erkennt den "Turmhügel als kleine Herrenburg", die bis zum Ende des 10. Jh. errichtet wurde. Durch diese Datierung ist heute - 1999 - eine 1000-jährige Baugeschichte am Platz des Schlosses Brake kontinuierlich nachzuweisen."
Man fragt sich, nach welchen Kriterien denn nun eine so frühe Datierung erfolgen konnte. Grabungsberichte wurden, wie erwähnt, bislang nicht veröffentlicht. Es ist hingegen darauf hinzuweisen, dass Turmhügelburgen durchaus noch im 12. Jahrhundert eine übliche Art der Befestigung waren. In salischer Zeit ist der Turmhügel (auch Motte genannt) in Norddeutschland noch am Anfang seiner Entwicklung. Hans-Wilhelm Heine schreibt hierzu: "Niederungsburgen vom Typ Motte sind in frühsalischer Zeit, zumindest in Niedersachsen, noch nicht nachweisbar. [...] Erst nach 1100, gesichert seit der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts, finden die Burgen vom Typ Motte ihre volle Ausprägung." (Burgen der Salierzeit, Bd. 1, Thorbecke, 1992. S. 77) . Es spricht jedenfalls nichts dagegen, dass noch im 12. Jahrhundert eine Turmhügelburg in unserer Gegend errichtet wurde.

Ein weiterer Gedanke sei in diesem Zusammenhang noch erlaubt: Sollte die Burg Brake tatsächlich bereits in die salische Zeit zu setzen sein und sogar auch noch eine kontinuierliche Siedlungsgeschichte belegbar sein, so müssten sich noch Beziehungen der Burg zu den umliegenden Dörfern nachweisen lassen.
Das älteste Verzeichnis über den Grundbesitz der Burg stammt aus einer Leibzuchtsverschreibung von 1403. Dort werden als zur Burg gehörig genannt: Das Dorf Brake, der Niedere und Obere Hof, die Wiese und Mühle, Wiembeck, Hasebeck, Hummerntrup, Wahmbeck, ein Hof in Bentrup und der Zehnt zum Berge. Wie sieht es mit dem Alter dieser Besitzungen aus? Das Dorf Brake ist eine Gründung des späten 12. Jahrhunderts. Der Niedere und der Obere Hof waren zwei Höfe, die heute im Bereich des Ortskerns Brakes liegen, möglicherweise aber einen älteren Ursprung haben. Wiembeck, Hasebeck und Wahmbeck sind Hagendörfer, die in der Zeit zwischen 1150 und 1250 entstanden sind. Hummerntrup, ursprünglich eine Einhof-Siedlung geht auf die fränkische Zeit nach 800 zurück. Den Hof in Bentrup erhielt die Burg von einem Ritter de Wend im 14. Jahrhundert. Der Zehnt zum Berge liegt östlich der Stadt Lemgo und wurde von Ackerland erhoben, das erst nach 1200 unter den Pflug genommen wurde.

Damit haben wir den wesentlichen Besitz der Burg um 1400 erfasst. Was ist nun davon zu halten? Lässt sich durch ihn ein alter Burgbezirk festlegen, der vor die Zeit der Braker Edelherren zurückreicht? Kaum - der einzige zweifellos alte Ort in dieser Auflistung ist Hummerntrup. Doch ausgerechnet er liegt inmitten der Hagensiedlungen Hasebeck, Wiembeck und Wahmbeck und wird ihr in allen bekannten Urkunden und Akten auch zugeordnet. Trotz des alten Ortsnamens zählt er zu den Hagendörfern, die um das Jahr 1200 gegründet wurden. Möglicherweise lag er wüst und wurde erst mit der Gründung der Hagensiedlung wieder aktiviert. Ein weiterer Ort aus fränkischer Zeit namens Schöllentrup lag zwischen den Hagendörfern und der Burg Brake, doch er gehörte gar nicht zu den Burgbesitzungen. Ebenso gehörten auch andere alte Ort nahe der Burg nicht dazu, wie z.B. Biest, Lieme, Riepen, Bentrup (außer dem Hof aus dem 14. Jahrhundert), Dinglinghausen, Spork usw. Alle Besitzungen der Burg stammen aus dem 12.-13. Jahrhundert. Sollte der Ursprung der Burg also im 9.-10. Jahrhundert liegen, könnte man einige Überreste alter Zubehörungen erwarten. Die Tatsache, dass sich nichts davon in Brake findet, scheint mir ein weiterer Beleg für die These zu sein, dass die Burg Brake erst in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts durch die Edelherren zur Lippe gegründet wurde.

Der untere Hof
Herr Sauer führt das folgende Zitat aus alten Rechnungen an: "Item 31½ sch deme stenbreker de de Muren dale brak in deme onere hove ..." (S. 65). Er schließt aus dieser Angabe auf den "unteren Hof", die Vorburg mit den Wirtschaftsgebäuden. Im folgenden verwendet er kontinuierlich die Bezeichnung "unterer Hof" als vermeintlich älteste Bezeichnung der Vorburg. Die Quelle ist jedoch anders zu lesen: "3½ S. deme stembreker, de de mueren dale brak in deme overen have.". Statt vom "oneren" ist hier vom "overen", also "oberen" Hof die Rede. Wahrscheinlich wird damit also der "Obere Hof" im Dorf Brake gemeint sein. Dagegen wird der Wirtschaftshof in Rechnungen aus der gleichen Zeit als "Vorwerk" bezeichnet.

Die Lesung der Textstelle stammt aus: "Mark Mersiowsky: Landesherrliche Bauausgaben im Spiegel der ältesten lippischen Rechnungen, in: Öffentliches Bauen in Mittelalter und früher Neuzeit. Abrechnungen als Quellen für die Finanz-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Bauwesens, hg. v. Ulf Dirlmeier, Rainer S. Elkar u. Gerhard Fouquet, St. Katharinen 1991 (Sachüberlieferung und Geschichte Bd. 9), S. 116 - 171.". Mersiowsky gibt dort noch weitere, bei Sauer nicht veröffentlichte Rechnungen im Originaltext wieder.

Die Laube - das Lusthaus?
In einer Rechnung vom Jahre 1610 ist von einer "Laube" die Rede: "Erstlich wegenn der 5 thürme auff der Lauven unnter den Eichen ..." (S. 308 und 441) . Herr Sauer setzt diese Laube mit dem später genannten Lusthaus im Schlossgarten gleich. Hier lässt er sich offensichtlich von der modernen Bedeutung einer Laube irreleiten. Eine Laube zu jener Zeit war ein überdachter, evtl. überwölbter offener Gang vor einem Haus, der sich sowohl im Erdgeschoß, als auch im Obergeschoss befinden konnte. Im weiteren Sinn konnte der Begriff auch das ganze Gebäude bezeichnen, z.B. bei der "Gerichtslaube". Somit dürfte die Bezeichnung "Laube" in diesem Zusammenhang synonym zum "Audienzhaus" verwandt worden sein. Auch das Audienzhaus war ja ein Gebäude, in dem Gerichtstermine abgehalten werden konnten. Der Standort "unnter den Eichen", der bei der Laube angegeben wird, war ebenfalls der Platz des Audienzhauses. Die o.g. 5 Türme finden sich im übrigen auch beim Audienzhaus wieder. Es wurden "... Knope auff das hauß 5..." beschafft (S. 298). Diese "Knaufe" waren zweifellos für die Türme der "Laube" bestimmt.

Der Standort des Audienzhauses
Herr Sauer vermutet den Standort des Audienzhauses nördlich bis westlich des Schlosses (S. 293) und engt ihn schließlich auf den Bereich des jetzigen Parkplatzes ein (S. 300), wo er das Haus auch auf einem Grundrissplan einzeichnet (S. 532). Auf Grund der Quellenlage ist es jedoch weitaus wahrscheinlicher, dass der Standort des Audienzhauses westlich des Schlosses direkt am Minderkrug lag. Die Bezeichnung "unter den Eichen", die auch für den Minderkrug selbst verwandt wurde, deutet klar darauf hin. "Die Eichen" standen dann auf dem leicht ansteigenden Geländes südlich des Kruges. Unterhalb dieses Baumbestandes befand sich der "Steinerne Tisch", an dem Gericht gehalten und Streitigkeiten geschlichtet wurden. Derartige Verhandlungen fanden übrigens auch in der "Gertrudenklause" statt, die im Bereich der jetzigen Polizeiwache stand. Man beachte in diesem Zusammenhang die exakt geradlinige Verbindung zwischen Minderkrug und Gertrudenklause über die Pagenhelle.
Zu bedenken ist ebenso, dass 1584 ein Teil des Hudelandes "unter den Eichen" umgebrochen wurde, um Hafer anzubauen. Landwirtschaftliche Nutzung ist aber in dem von Herrn Sauer angenommenen Gelände nicht möglich.
Am Rande soll auch auf die Aussage eines Braker Bürgers hingewiesen werden (Name bekannt), der bei den Abbrucharbeiten der Gastwirtschaft "Belle Alliance" 1961 beteiligt war. Er berichtete mir mit vollster Überzeugung, dass bei Erdarbeiten ein unterirdischer Gang zum Vorschein kam, der direkt zum Schloss führte und den er selbst betreten hätte. Selbstverständlich ist ein solcher Gang nicht vorstellbar. Es ist hingegen durchaus denkbar, dass bei den Arbeiten ein (gewölbter?) Kellerraum zum Vorschein kam, der zu einem steinernen Gebäude gehörte. Am ehesten wäre für diesen Fall das Audienzhaus in Betracht zu ziehen.
Da die schriftliche Überlieferung des Hauses nur bis zu den Zeiten des 30-jährigen Krieges reicht, ist es wahrscheinlich in den Kriegswirren zerstört worden. Nach dem Kriege fanden Gerichts- und Verhandlungstermine im Minderkrug statt.

Bemerkenswert ist, dass anhand der Bauzettel die Gründung des Hauses im Wasser erschlossen werden kann: "... 24 Ellen Haustein in dem Wasser ..., das Mauerwerk im Wasser ist 8 Fuß dick und hoch" (S. 296 f.). Damit eröffnet sich die Möglichkeit einer noch genaueren Lagebestimmung für den Standort des Audienzhauses. Auf dem Kupferstich der Apotheose Simon VI. von 1614 erkennt man südlich des von der Wehrmauer umfassten Schlossbezirks ein offenbar auf einer Insel in der Bega stehendes Haus, das durch eine Brücke oder einen Steg erreichbar ist.

Das Haus in der Bega, 1614

Die Allee vom Minderkrug zur Bega, 1775

Nun ist auf Grundrisskarten der Jahre 1775 und 1788 eine Allee eingezeichnet, die vom Minderkrug aus in gerader Linie auf eben diese Stelle zuläuft und dann unvermittelt an der Bega endet. Obwohl eine Verlängerung der Allee direkt auf die Schlossbrücke münden würde, ist hier eine Brücke oder ein Pforte zum Schlossbezirk nicht nachgewiesen und auch nicht sehr wahrscheinlich, lag doch die Finkenpforte als Hauptzugang nicht weit entfernt. Die Allee, von deren Existenz Herr Sauer allerdings nicht ganz überzeugt zu sein scheint (S. 328), endet also völlig abrupt an der Bega. Wenn es sich dabei nicht um die Teilumsetzung einer unbekannten Anlage handelt, so liegt es nahe, das Audienzhaus auf einer Insel der Bega mit repräsentativer Verbindung zum Minderkrug zu vermuten. Die Gründung des Hauses im Wasser wäre damit jedenfalls erklärt. Die Geländebezeichnung "Unter den Eichen" wäre dann bis hierhin auszudehnen, was aber problemlos vorstellbar ist.
Die Bega war in diesem Bereich ursprünglich wesentlich breiter, so dass sie bis zur Wehrmauer reichte. Schon seit mindestens dem 18. Jahrhundert ist der Mauer eine breite Berme vorgelagert, die als Garten, dem später sogenannten "Schlundsgarten", genutzt wurde. Die Ursache für diesen auffällig ausgeprägten Landstreifen dürfte sogar in der Insel zu suchen sein. Sollten sich Grundmauern des Hauses erhalten haben, so wären sie am ehesten auf diesem Gelände zwischen der Mauer und dem Fluss zu vermuten.
Merkwürdigerweise erwähnt Herr Sauer das auf dem Stich deutlich erkennbare Haus lediglich ein einziges Mal bei der Bildbeschreibung (S. 153) - ohne freilich wirklich etwas damit anfangen zu können - obwohl er ansonsten jedes Gebäude zu identifizieren und zu lokalisieren sucht. Falls es sich bei dem Insel-Haus um das Audienzhaus handeln sollte, so wirkt es auf dem Kupferstich von 1614 auch längst nicht so repräsentativ, wie Herr Sauer es rekonstruiert (S. 525), wobei die Detailtreue des Stichs auch keinesfalls überbewertet werden darf. Es scheint, als habe der Verfasser eher auf seine eigene Rekonstruktion des Audienzhauses vertraut, die im Wesentlichen auf der Basis "verstreuter Akten" mit Bauzetteln beruht, als auf zeitgenössische Darstellungen und Grundrisspläne.

Die Gänsebrust - wie eine Gans im Wasser?
Die sogenannte "Gänsebrust" war ein bastionsartiger Vorbau an der Westseite des Schlosses. Herr Sauer glaubt, der Name käme daher, weil er "wie eine Gans im Wasser schwamm" (S. 311). Als Gänsebrust bezeichnete man jedoch den spitzwinkligen Brustpanzer einer Ritterrüstung, eine Mode des 16. Jahrhunderts. Und eben der spitze Winkel und wohl auch die Funktion als Schutz und Abwehr gaben dem Gebäude seinen Namen.
Hier ein Beispiel für eine "Gänsebrust", die noch heute an einem Schloss vorhanden ist.

Eine Gänsebrust
(Klicken)
Eine Gänsebrust
(Klicken)

Varender Hauv - die Fahrenbreite?
In einem Inventarverzeichnis von 1540 werden bedeutende Viehbestände unter der Überschrift "Ann Varender Hauv ist befunden ..." aufgeführt. Herr Sauer meint - wie bereits zuvor Wilhelm Süvern in seiner Geschichte des Dorfes Brake - darin die erste Erwähnung der Domäne Fahrenbreite zu erkennen (S. 467). Er weist ausdrücklich darauf hin, dass in dem Verzeichnis keine Gebäude genannt werden, dagegen aber große Mengen an Vieh. Hier hat Herr Sauer wohl die Assoziation "Varender Hauv" = "Fahrenbreiter Hof" gehabt. Die Wendung "varende Hauv" bedeutet hingegen nichts anderes als "fahrende" = "bewegliche" Habe, womit in erster Linie das Vieh gemeint ist. Mit der Fahrenbreite hat das Verzeichnis nichts zu tun. Das Jahr 1540 kann daher auch nicht für die erste Erwähnung der Meierei Fahrenbreite herangezogen werden.
Überhaupt ist bislang ungeklärt, wann auf der Fahrenbreite ein Außenposten der Domäne gegründet wurde. Unter Graf Simon VI. entstand hier eine Köttersiedlung, die aber bereits unter seinem Sohn Otto um 1650 wieder aufgelöst wurde. Er siedelte die Bewohner nach Brake und Wahmbeckerheide um. Von ihr ist nichts erhalten. Ein großer Wirtschaftshof wird jedenfalls in den Quellen nicht erwähnt. Da hier ein "Tiergarten" und ein "Federschützen Garten" vorhanden waren, ist eher an ein Jagd- und Forsthaus zu denken. Nach dem Aussterben der Braker Grafen 1709 und der Verlagerung der Regierung nach Detmold ist ein landwirtschaftlicher Betrieb ohnehin nur in beschränktem Ausmaße denkbar. Die Lippische Landesbeschreibung von Wilhelm Gottlieb Levin von Donop aus dem Jahre 1790 gibt denn auch die Größenverhältinsse entsprechend an:
"... 2. Die einträgliche Meyerey neben dem Schlosse.
3. Farenbrede, ein Jagdhaus und ehemaliger Thiergarten. Auch ist hier eine kleine Meyerey."

Kleinere Korrekturen

Das Marstalldach vor dem Abbruch 1975

Das Marstalldach während des Abbruchs 1976

 

Noch eine Anmerkung

Es hätte sich auch gelohnt, die Akten des Staatsarchives Bückeburg durchzusehen. Dort finden sich eine Reihe von Baurechnungen aus der Zeit nach Aussterben der Linie Lippe-Brake (1709). Hier einige Beispiele aus der Akte F1, A XXIX, Nr. 89:

1741 und 1748 wurden lippischerseits Forderungen zur Reparatur der Braker Schlosses an die Bückeburger Regierung gestellt (vgl. Sauer, S. 395 f.) und dazu detaillierte Schadensverzeichnisse erstellt. In diesen Verzeichnissen wird bei den Einzelposten auf einen Grundrissplan des Schlosses verwiesen, der sich im Detmolder Archiv jedoch bislang nicht finden ließ. Da ein solcher Plan für die Baugeschichte des Braker Schlosses indes von unschätzbarem Wert wäre, sind Forschungen im Bückeburger Staatsarchiv dringend angeraten.

Hier finden Sie noch einige alte Fotografien zum Schloss Brake