Särge und Wappen in der Braker Grafengruft

Seit einiger Zeit steht der restaurierte Zinnsarg des Grafen Moritz wieder in der Gruft unter der Braker Kirche. Die Beulen und Löcher sind ausgebessert, eine Innenkonstruktion aus Edelstahl stützt nun die schwere Außenhaut und die wenigen Überreste des Grafen ruhen in einem neuen hölzernen Innensarg.

Die Gruft der Grafen zur Lippe Brake ist seit Pfingsten 2009 für jedermann tagsüber zugänglich und die drei Särge sowie die Reste längst verfallener Begräbnisse können dort besichtigt werden.

Öffnungszeiten:
dienstags bis samstags 9:00 - 18:00 Uhr
sonntags und feiertags 12:00 - 18:00 Uhr

Im einzelnen befinden sich in der Gruft:

Zur Vorgeschichte der Grafengruft und zur Freilegung 1949 sei auf das Kapitel "Die Grafengruft" in der Baugeschichte der Braker Kirche verwiesen.

Neben den drei Särgen sind an den Wänden des Raumes eine Reihe von Wappentafeln zu sehen. Einige sind aus Sandstein gehauen, andere bestehen aus Zinn. Es handelt sich um die Reste, die bei Freilegung der Gruft im Jahre 1949 geborgen werden konnten. Die Zinnwappen dürften alle dem Sarkophag des Grafen Ludwig Ferdinand zuzuordnen sein, der durch den Teileinsturz des Gewölbes völlig zerstört wurde.

Die folgende Übersicht zeigt die Mitglieder der Grafenfamilie, deren Wappen sich in der Gruft nachweisen lassen.

Genealogische Einordnung der Wappen

Die Wappen im einzelnen:

Jedes der in der Gruft befindlichen Wappen lässt sich eindeutig einem Geschlecht bzw. einer Familie zuordnen. In der folgenden Übersicht soll versucht werden, die Wappen auf Grund ihrer Motive zu deuten. Dabei zeigt sich, dass ein Wappen nicht nur die historisch erworbenen Herrschaftsgebiete eine Geschlechts beschreibt, sondern gelegentlich auch Bestandteile enthält, auf die gar kein rechtlicher Anspruch besteht. Diese Art von Wappen wird auch als Anspruchswappen bezeichnet. Ein solches Anspruchswappen ist beispielsweise das Wappen Nr. 4 von Waldeck-Pyrmont. Die einzigen rechtmäßigen Besitzungen sind die Grafschaft Pyrmont (Ankerkreuz) und die Grafschaft Waldeck (Stern). Alle anderen Wappenmotive verweisen auf Gebiete im Elsass, zu denen es zwar ehemals Familienbeziehungen gab, in denen die Waldeck-Pyrmonter jedoch niemals Rechte besaßen.
Auch das Wappen am Zinnsarg des Grafen Moritz (Nr. 11) ist ein solche Anspruchswappen. Man findet es in gleicher Form am Südflügel des Schlosses Varenholz. Dort stammt es jedoch aus dem 1582 und hatte zu jener Zeit tatsächlich eine gewisse Berechtigung. Warum es jedoch noch mehr als 80 Jahre später bei einem Grafen zur Lippe-Brake, der nicht einmal regierender Graf war, zu finden ist, wäre eine gesonderte Untersuchung wert.

(Zum Vergrößern bitte auf ein Wappen klicken)

1 Casimir Steinwappen vom Schiefersarg des Grafen Casimir zur Lippe Brake.
Das Wappen zeigt die Lippischen Wappenbilder des 17. Jahrhunderts. Als Besonderheit ist zu vermerken, dass die Schwalben in unterschiedliche Richtungen blicken. Auf dem Stein haben sich geringe Farbreste erhalten: schwarze Schwalben mit roter Brust auf einem goldenen Stern. Die Rosen waren - statt wie üblich rot - mit Gold übermalt.
2 Anna Amalia Steinwappen vom Schiefersarg der Anna Amalia zu Sayn-Wittgenstein, Ehefrau des Grafen Casimir.
Wappen der Grafschaft Sayn-Wittgenstein. Das Wappen hat folgenden Aufbau:
Feld 1 und 4: in Silber zwei schwarze Pfähle (Wittgenstein)
Feld 2: eine zweitürmige Burg (Homburg)
Feld 3: ein Schrägbalken mit 3 Schweinsköpfen (Freusberg)
Im Herzschild ein Löwe (Sayn)
3 Rudolf Steinwappen des Hauses Lippe.
Es ist nicht bekannt, aus welchem Zusammenhang das Wappen stammt. Vermutlich ist es dem regierenden Grafen Rudolf zur Lippe-Brake zuzuordnen, da auch seine Ehefrau ein Steinwappen besaß. Als Besonderheit ist zu erwähnen, dass die Lippische Rose eine doppelte Blüte besitzt. Diese Eigenart ist gelegentlich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts zu beobachten.
4 Dorothea Steinwappen der Dorothea von Waldeck-Pyrmont, Ehefrau Rudolfs zur Lippe-Brake.
Feld 1 und 9: Ein Ankerkreuz (Grafschaft Pyrmont)
Feld 2 und 8: Drei Schilder (Grafschaft Rappoltstein/Elsass)
Feld 3 und 7: Drei gekrönte Adlerköpfe (Herrschaft Hohenack/Elsass)
Feld 4: Ein gekrönter Löwe (Herrschaft Tonna)
Feld 6: Ein gekrönter Löwe (Herrschaft Geroldseck/Elsass)
Im Herzschild: ein achtstrahliger Stern (Grafschaft Waldeck)
5 Elisabeth Zinnwappen der Elisabeth von Holstein und Schaumburg, Ehefrau Simons VI. zur Lippe
Elisabeth gehört nicht zur eigentlichen Linie-Lippe Brake, muss jedoch als Mutter des Grafen Otto aufgeführt werden.
Feld 1 und 4: Ein achtstrahliger Stern (Grafschaft Sternberg)
Feld 2 und 3: Ein mit drei goldenen Pfählen belegter Balken (Herrschaft Gemen)
Im Herzschild: Ein Nesselblatt (Schaumburg)
6 Margarete Zinnwappen der Margarete zu Nassau-Katzenellnbogen, Ehefrau Ottos zur Lippe-Brake
Feld 1: Ein goldener Löwe in einem mit Schindeln bestreuten Feld (Grafschaft Nassau)
Feld 2: Ein Löwe (Katzenellnbogen)
Feld 3: Ein Balken (Grafschaft Vianden)
Feld 4: Zwei Leoparden (Grafen von Dietz)
7 Friedrich Zinnwappen der Grafen zur Lippe-Brake.
Da das Wappen, wie vermutlich alle Zinnwappen, vom zerstörten Sarg Ludwig Ferdinands stammt, kommt als Träger wohl nur Ludwig Ferdinands Vater Friedrich zur Lippe-Brake in Frage.
8 Sophie Luise Zinnwappen der Sophie Luise zu Holstein-Sonderburg-Beck, Ehefrau Friedrichs zur Lippe-Brake
Feld 1: Löwe, der eine gebogene Streitaxt hält (Königreich Norwegen)
Feld 2: Zwei Löwen (Herzogtum Schleswig)
Feld 3: Ein Nesselblatt (Herzogtum Holstein)
Feld 4: Ein Schwan (Herrschaft Stormarn)
Feld 5: Ein Ritter auf einem Pferd (Dithmarschen)
Herzschild: Holstein
Feld 1 und 4: Zwei Balken (Grafschaft Oldenburg)
Feld 2 und 3: Ein Ankerkreuz (Herrschaft Delmenhorst)
9 Holstein Zinnwappen der Grafen zu Oldenburg und Delmenhorst
Das Wappen ist eine ältere Form des Holsteiner Wappens. Sophie Luises Tante, Sophie Katharina von Holstein-Sonderburg-Beck (1617–1696) war verheiratet mit dem Grafen Anton Günther von Delmenhorst (1583-1667), der diese Wappen trug.
Feld 1 und 4: Zwei Balken (Grafschaft Oldenburg)
Feld 2 und 3: Ein Ankerkreuz (Herrschaft Delmenhorst)
Im Herzschild: Ein Löwe (Herrschaft Jever)
10 Ludwig Ferdinand Zinnwappen des Grafen Ludwig Ferdinand zur Lippe-Brake.
Die Wappentafel mit Schildträgerfiguren an den Seiten und einem Totenkopf stammt vom zerstörten Zinnsarg des Grafen Ludwig Ferdinand zur Lippe-Brake, des letzten Erbherrn der Braker Linie. Sie dürfte sich an der Kopf- oder Fußseite des Sarges bfunden haben. Eine Zinnplatte gleicher Größe, die die verschlungenen Initialen L und F trug ist leider verschollen.
11 Moritz Wappen an der Kopfseite des restaurierten Zinnsargs Moritz zur Lippe-Brakes.
Feld 1 und 6: Eine Rose (Lippe)
Feld 2 und 5: Ein Adler (Grafschaft Rietberg)
Feld 3 und 4: Ein sechstrahliger Stern mit daraufsitzender Schwalbe (Grafschaft Sternberg)
Herzschild:
Feld 1und 4: Ein aufspringender Bär (Herrschaft Esens)
Feld 2 und 3: Zwei gekreuzte Geißeln (Herrschaft Stedesdorf-Wittmund)
Ein gleiches Wappen aus dem Jahre 1582 befindet sich am Südflügel des Schlosses Varenholz. Der Ursprung dieses für Lippe ungewöhnlich erweiterten Wappens ist recht kompliziert und bedarf einer eigenen Analyse.
12 Moritz Mutter Wappen an der Fußseite des restaurierten Zinnsargs Moritz zur Lippe-Brakes.
Es ist des Wappen der Margarete zu Nassau-Katzenellnbogen, Mutter des Grafen Moritz. Allerdings ist es zu dem oben beschriebenen Wappen (Nr. 6) um ein Mittelschild und ein Herzschild erweitert.
Mittelschild:
Feld 1 und 4: Ein schräger Balken (Chalon/Frankreich)
Feld 2 und 3: Zwei Posthörner [eigentlich nur eins] ((Oranien, Orange im Rhonetal)
Herzschild:
geschachtes Feld (Grafschaft Genf)